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In einer abgelegenen Ecke eines dichten Waldes stand ein altes Herrenhaus, das schon seit Jahrzehnten leer stand. Das einst prächtige Gebäude war dem Verfall preisgegeben, und seine Wände erzählten von vergangenem Glanz und vergessenen Geschichten. Die Dorfbewohner mieden den Ort, denn es hieß, dass die Seelen der ehemaligen Bewohner noch immer in den düsteren Hallen wandelten.

Eines nebligen Herbstabends wagte sich der Geschichtsstudent David zu dem Herrenhaus. Er hatte von den Legenden gehört und war entschlossen, die Wahrheit hinter den Geschichten herauszufinden. Mit einer Taschenlampe und seinem Notizbuch ausgerüstet, betrat er das Gelände. Die knarrende Eingangstür öffnete sich mit einem geisterhaften Heulen, als er sie vorsichtig aufschob.

Im Inneren war es kalt und unheimlich still. Die dicken Staubschichten auf den Möbeln und der modrige Geruch ließen vermuten, dass hier seit langer Zeit niemand mehr gewesen war. David ging durch den großen Flur, vorbei an verblassten Porträts, die einst die stolzen Besitzer des Hauses zeigten. Er hatte sich im Vorfeld informiert und wusste, dass die Familie, die hier gelebt hatte, auf tragische Weise ums Leben gekommen war. Ein schwerer Schicksalsschlag hatte sie alle innerhalb weniger Wochen dahingerafft.

Als David den Salon betrat, bemerkte er, dass es plötzlich kälter wurde. Er zog seine Jacke enger um sich und betrachtete den Raum. In einer Ecke stand ein altes Klavier, dessen Tasten von Spinnweben bedeckt waren. Plötzlich hörte er ein leises Kichern, als ob ein Kind sich versteckt hielt. Erschrocken drehte er sich um, doch niemand war zu sehen. Das Kichern erstarb, und nur die bedrohliche Stille blieb.

David beschloss, tiefer in das Haus vorzudringen. Er erklomm die breite Treppe, die zum ersten Stock führte. Jeder Schritt hallte in der leeren Halle wider. Oben angekommen, öffnete er die Tür zu einem der Schlafzimmer. Das Bett war zerwühlt, als hätte jemand es gerade erst verlassen. An den Wänden hingen Bilder einer glücklichen Familie, die jetzt nur noch ein Schatten ihrer selbst war.

Als er sich umdrehte, sah David plötzlich eine schemenhafte Gestalt im Türrahmen stehen. Es war eine Frau in einem altmodischen Kleid, die ihm traurig zulächelte. Bevor er reagieren konnte, war sie verschwunden. Erschrocken ging er in den Flur und bemerkte, dass sich die Luft um ihn herum verändert hatte. Es war, als ob das Haus lebendig geworden wäre.

David hörte ein leises Flüstern, das aus den Wänden zu kommen schien. Er konnte die Worte nicht verstehen, doch die Stimmen klangen verzweifelt, als würden sie nach Hilfe rufen. Die Taschenlampe flackerte, und für einen Moment sah er im schwachen Licht mehrere Gestalten, die durch die Räume wanderten. Sie schienen sich nicht bewusst zu sein, dass sie beobachtet wurden, und bewegten sich, als würden sie Szenen aus ihrem vergangenen Leben nachspielen.

Verwirrt und ängstlich zog David sich in den Flur zurück, wo er erneut das leise Kichern hörte. Dieses Mal war es deutlicher, begleitet von dem Geräusch von Schritten. Aus einem der Zimmer huschte eine kleine Gestalt, ein Junge, der schnell um die Ecke verschwand. David folgte ihm vorsichtig und entdeckte einen weiteren Raum, den er bisher übersehen hatte.

Drinnen fand er ein Kinderzimmer, voll von altmodischem Spielzeug. Der Junge stand in der Mitte des Raumes, blickte David mit großen Augen an und flüsterte: "Hilf uns." Bevor David etwas sagen konnte, verblasste der Junge und löste sich in Luft auf. Die Taschenlampe ging aus, und Dunkelheit umhüllte ihn.

In diesem Moment verstand David, dass die Seelen der ehemaligen Bewohner gefangen waren, dazu verdammt, ihre letzten Momente immer wieder zu durchleben. Die Tragödie, die sie ereilt hatte, hatte sie nicht losgelassen, und sie konnten keinen Frieden finden.

Mit einem Gefühl der Ohnmacht verließ David das Haus so schnell er konnte. Als er draußen ankam, sah er zurück auf das alte Herrenhaus. Es wirkte noch bedrohlicher als zuvor, und das Wissen um die ruhelosen Seelen, die darin gefangen waren, lastete schwer auf ihm. Er beschloss, die Geschichte der verlorenen Familie der Welt zu erzählen, in der Hoffnung, dass die Erinnerung an sie irgendwann ihren Frieden bringen würde. Doch in den Nächten, wenn der Wind durch die Bäume heulte, konnte man immer noch das leise Flüstern hören – ein trauriges Echo der Vergangenheit, das niemals verstummte.


Oliver Lohse 10/2024